Mittwoch, 23. Januar 2013

We don't need no education

Gott, wie ewig hab ich schon keine Tasche mehr genäht...

Gestern musste es mal wieder sein. Mein Schulzeug nimmt viel Platz in Anspruch und zusammen mit Brotbüchse (Brotschi, wie wir sie früher liebevoll nannten) und Thermoskanne sprengt das die Rauminnenmaße so ziemlich aller meiner Taschen. Ja, Männe meint ich hätte ja schon genug Taschen und ich bräuchte keine neue. Ich seh das selbstverständlich anders.

Ich wollte etwas Einfaches, Geräumiges und Robustes. Und möglichst schnell sollte es gehen, also kein Chichi. Kein Stenciln, Patchen, Sticken oder dergleichen. Den Schnitt hab ich selbst entworfen. 


Bei aller Schlichtheit müssen kleine Taschen trotzdem sein, sonst sucht man nach Schlüssel oder Kaugummis ja immer bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Außen eine kleine Tasche mit RV, innen eine etwas größere. Die kleine Deathcat war mal ein Geschenk von einem sehr lieben Freund. :)



Das Skelettfutter stammt von einem Kleid, das ursprünglich Herrn H.'s Ex gehörte. Er hatte es mit nicht mehr entfernbaren Flecken verziert und es kam zum Vorschein, als wir seine eingelagerten Umzugskisten von seinen Eltern abholten. Da auch ich die Flecken nicht rausbekam und es somit keinen Sinn machte ihr das Kleid zurückzugeben, hab ichs jetzt kurzerhand verarbeitet. Flecken auf nem Taschenfutter machen mir nichts, aber ich mag das Muster sehr. In die langen Taschengriffe ist Gurtband eingearbeitet, robuster gehts nicht. 


Ich mag das Ergebnis sehr! Und sie wurde heut schon getestet und für äußerst tauglich befunden. Sie ist herrlich groß und schluckt alle Schulsachen ohne Murren und Zetern. 

Apropos Schule...

Ich war ja letztes Jahr nicht unbedingt zufrieden mit Mona, mit der wir den Großteil der Zeit verbrachten. Ich hatte gehofft, dass sich das alles mit dem Lehrer- und Stundenplanwechsel im neuen Jahr geben würde. Da wurde ich aber mal wieder eines Besseren belehrt. 

Unser neuer Lehrer heißt Iskender und nein, das ist kein schwedischer Name. Nicht, dass das was über sein Schwedisch aussagt. Seine Grammatik ist vermutlich gut (kann ich schlecht einschätzen) und sein leichter Akzent wäre auch noch vertretbar. (Nur nicht der von den "Hilfslehrern" (in Ermangelung eines besseren Wortes), die wir ab und an bekommen, aus Gründen die ich nicht kenne und deren Namen ich nicht mal weiß. Frauen mit Kopftuch. Versteht mich nicht falsch! Das klingt schon wieder rassistisch... Verdammt. In Schweden wird die absolute Gleichheit gepredigt und anscheinend auch praktiziert. Jeder ist gleich und hat die gleichen Rechte wie alle anderen auch. Egal ob geborener Schwede oder Einwanderer, egal ob Mann, Frau, welche Religion, ob Kopftuch oder nicht. Jeder darf alles machen. An und für sich eine tolle Sache. Allerdings passiert dann hier der Wahnsinn, dass Leute Jobs bekommen, für die sie eigentlich nicht qualifiziert sind. Wie eben türkische Frauen als Schwedischlehrer. Ich weiß nicht, ob das eventuell Teil eines Praktikumprogramms ist oder so, Integration par excellence. Aber ich frage mal vorsichtig an, ob es tatsächlich viel Sinn macht jemanden mit starkem Akzent loszuschicken, um anderen Menschen mit starkem Akzent schwedisch beizubringen. Im Moment haben wir keinen einzigen Muttersprachler als Lehrer und das finde ich gelinde gesagt seltsam.) 

Höm. Wo waren wir? Ach ja - Iskenders Akzent wäre ja an und für sich kein Problem. Wenn - tja wenn. 
Wenn ich mich nicht wieder alle naselang fragen würde in welchem Film ich eigentlich gelandet bin. Die Schulklassen wurden gnadenlos durchgemischt. Aus meiner alten Klasse sind nur noch 5 weitere dabei. Alle anderen scheinen sich größtenteils zu kennen. Schon allein dadurch fühl ich mich dort komisch. Ich konnte auch an den ersten beiden Tagen nicht zum Unterricht gehen. Ich komme mit Iskenders Methode nicht wirklich zurecht, obwohl ich teilweise bezweifel, dass er überhaupt ne Methode hat. Es ist alles so durcheinander. Eine Stunde spielen wir "Benenne den Gegenstand!", absolut Anfängeraufgaben, in der nächsten Stunde lesen wir Texte, in denen wir kaum etwas verstehen. Ein Konzept scheints nicht zu geben. Und dann ist es nun auch schon ein paar Mal passiert, dass er Worte falsch übersetzt hat. Meine Versuche, mit ihm darüber zu reden, liefen ins Leere, weil er beim besten Willen nicht verstand was ich von ihm wollte. Ich war am Freitag den Tränen nahe. Mein Linguistenverlobter war natürlich sofort auf 180, ließ mich heimkommen und telefonierte mit der Schule (jedesmal, wenn ich versuche irgendetwas zu klären, hab ich den Eindruck die Leute haben keine Ahnung wovon ich eigentlich rede). Kajsa, die Ausbildungsleiterin lud mich dann für heute zum Gespräch ein, um die Sache zu klären. Laut Herrn H. schien sie sehr verständnisvoll und bemüht und auch mein Englisch sei kein Problem.

Der Termin heut Morgen war ernüchternd. Erstmal war Kajsa irgendwas zwischen erstaunt und genervt, weil ich mein Problem nicht in schwedisch erläutern konnte und wollte. (Ernsthaft?? Nach 2 Monaten Unterricht?) Wenn Leute mit mir schwedisch sprechen, versteh ich das ganz gut, aber selbst sprechen... Da blockiert was in mir. Ich brauch Zeit, um über Formulierungen nachzudenken. Schreiben kann ich ganz gut, aber mündlich krieg ich keinen Satz raus. Jedenfalls hab ich mich wie ein kompletter Idiot gefühlt. Sie hat es nicht direkt gesagt, das würden Schweden nie tun, aber ihre Reaktion war unterschwellig so etwas wie "Wie kommst du dazu dich nach (zugegeben) nur 2 Schultagen über diesen Lehrer zu beschweren?" Natürlich hatte sie schon mit Iskender über den Vorfall gesprochen (der - es ist zum Heulen - immernoch nicht verstanden hatte, worum es mir ging). Er weiß also Bescheid, dass ich die Gruppe wechseln will, weil ich mit seinem Unterricht nicht einverstanden bin. Ich werde nun tatsächlich in eine andere Gruppe kommen, aber erst in zwei Wochen. Bis dahin muss ich in seiner Klasse sitzen und die stille Ablehnung ertragen. Mann, hätt ich mich nur nie beschwert... Alle anderen scheinen seinen Unterricht ja toll zu finden, nur ich mecker mal wieder. So war ich schon immer *seufz*. Und anscheinend bin ich selbst schuld. Iskender meinte ich würde mich nicht in die Gruppe integrieren, da sei es ja kein Wunder, dass ich nicht mitkomme. Hm. Narf. Da sitzt man in inmitten dieser Einwanderer, uns wird erzählt, dass Schweden ein freies, demokratisches Land ist, in dem jeder sagen kann was ihm auf der Seele brennt. Dass Frauen eine Stimme haben und es strafbar ist seine Kinder zu schlagen und auch, dass man natürlich darüber reden soll, wenn man mit dem Unterricht, in dem man sitzt, ein Problem hat. Aber wenn man das dann tatsächlich tut, kommt man sich vor wie der größte Depp. Und alle anderen können sich ausdrücken! Weder fehler- noch akzentfrei, aber die kriegen Sätze zustande! Irgendwo scheine ich den Anschluss verloren zu haben. Ich bin gerade an dem Punkt, an dem ich das "Experiment Ausland" abbrechen möchte.


6 Kommentare:

  1. Erstmal musste ich lachen bei der Vorstellung, dass du von türkischen Einwanderfrauen Schwedisch lernen sollst. Wobei ich ja eher den Eindruck habe, dass da finanzielle Motive dahinter stecken und keine, die der Gleichberechtigung Rechnung tragen sollen... Andererseits haben wir ja in der Schule auch von Deutschen Englisch gelernt. Und für die Grundlagen finde ich das schon okay. Aber die hatten wahrscheinlich auch eine fachliche und pädagogische Ausbildung. Inwieweit das bei deinen Lehrern der Fall ist, weiß ich nicht?

    Ich weiß auch nicht, wie du dein Anliegen rübergebracht hast und ob die Sprachbarriere ihr Übriges dazugetan hat, dass sie sich kritisiert gefühlt haben. Ich finde schon, dass es dein Recht ist, in eine andere Gruppe zu wechseln. Manche Leute nehmen eben auch alles persönlich, da kann man sich auf den Kopf stellen...

    Und wegen dem Sprechen: Bist du vielleicht zu perfektionistisch? Das ist immer mein größtes Problem, ich hab Angst, dumm rüberzukommen oder missverstanden oder gar nicht verstanden zu werden. Allerdings kommt man auch nicht klüger rüber, wenn man dann gar nichts sagt ;) Eigentlich hilft dann nur reden, reden, reden, egal wie es erstmal rauskommt. So Tiefpunkte gehören wahrscheinlich einfach dazu. Irgendwann wirst du diese Hürde bestimmt auch überwunden haben.

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  2. Moin!
    Ich kommentiere das erste Mal hier, also: Ich bin fiepmatz bei NuS, Antje sonst und man findet mich (selten) hier: antjeswelt.wordpress.com

    Ich finde es sehr herzzerreissend, wie es Dir gerade geht! Auch, wenn ich Dich nicht kenne, habe ich spontan das Bedürfnis, Schietwedder-Tee und irgendwas flauschiges rüberzuschieben. :) Bis letzten Oktober habe ich erwachsenen Einwanderern Deutsch beigebracht und kenne die frustrierten Gesichter, die traurigen Geschichten und die Hilferufe jeglicher Couleur. Das schlimme ist: Es ist halt manchmal so. Mal ist es toll, mal ist es richtig mies. Ich hoffe (und denke), dass Herr H. Dir da eine wunderbare Stütze ist.
    Zum Unterricht möchte ich etwas loswerden: Ich meine mal bei Dir gelesen zu haben, dass die Teilnehmer Deiner Klasse niveautechnisch sehr verschieden waren. So war es in meinen Klassen auch immer und aus dieser Not heraus (das ist nämlich auch als Lehrer die blanke Hölle) habe ich versucht, oft Gruppenarbeit zu machen. Aber manchmal geht das nicht und dann müssen alle etwas leichtes oder alle etwas schwieriges machen, damit für jeden etwas dabei ist. Vielleicht hilft Dir die Kategorie "Arbeit" auf meinem Blog, Deinen Lehrer zu durchschauen und die Wochen bis zum Klassenwechsel zu überstehen. (Ich muss arroganterweise hinzufügen, dass ich meine Teilnehmer immer nach Kritik gefragt habe und wenn, dann wurde genau dieser Punkt kritisiert. Dann konnte ich das aber auch erklären und es führte in der Regel zu aktiver Hilfe im Umgang mit den schwächeren Lernern).

    Ich wünsch Dir alles Gute! Und wenn ich Dir irgendwie helfen kann, melde Dich gerne.

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  3. Ich kann dich so gut verstehen.
    Als ich damals meinen ersten FinnischKurs für Immigranten in Helsinki hatte ging es mir ganz ähnlich. Zuviele Mitschüler, ständige Wiederholungen von Lauten und Buchstaben etc.
    Ich hatte dann das Glück relative preiswerte Kurse bei einer Kirche(hätte ich niemals gedacht, da freiwillig nen Fuss reinzusetzen..) und der VHS bekommen, wo wenigstens nach dem Level unterschieden wurde.
    Dazu gab es dann ein Tandem mit einer Deutsch-Studentin und es ging voran.
    Also: Kopf hoch, irgendwie renkt sich das wieder ein, 40 Leute sind es max. die ersten Wochen, dann wird es wieder weniger :)

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  4. Hey, ich hab keine vergleichbare Erfahrung mit im Ausland leben wie du, aber mir fällt eine Sache ganz schön auf, wenn du von dem Schwedischunterricht erzählst. (Und ja, für mich klingt er auch nicht so toll.)
    Du gehst ziemlich deutsch-perfektionistisch an die Sache ran. Natürlich ist es schön, wenn man eine Sprache ohne Akzent lernt, aber wer braucht das schon? Ich kenne es von mir, dass ich mich beim Englisch sprechen immer vollkommen blockiere, weil ich ständig an meine dumme Aussprache denke, statt einfach zu sagen, was ich will. So schlimm, dass ich nicht verstanden werde, kann der Akzent schon nicht sein. Und ich denke mit deinem Akzent im Schwedischen wird es wohl ähnlich sein. Davon abgesehen hatte ich nach einem Semester Schwedisch an der Uni sehr stark den Eindruck, dass es da ein paar sch-Laute gibt, die man als Deutscher schon beim Hören kaum auseinander halten kann. Unsere Lehrerin meinte dazu immer, dass wir einfach irgendeinen sch-Laut aussprechen sollen. Und sie hat viel Wert auf Verständigungsfähigkeit gelegt.
    Ich wünsch dir viel Durchhaltevermögen bis du in eine neue Klasse wechseln kannst!

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  5. Das klingt ja wirklich total blöd alles :(
    Aber irgendwie ist das leider oft so, dass man einfach nicht offen sagen kann, wenn einen etwas stört.
    Ich bin nämlich ebenfalls der Meinung, dass es wichtig ist Probleme anzusprechen und eventuell auch Missverständnisse vorzubeugen. Es kann sich dadurch ja einfach ne Menge klären. Aber ich hab da leider ähnliche Erfahrungen gemacht. Es gibt viele, die einfach nicht verstehen was man meint oder die sich sofort persönlich angegriffen fühlen.
    Ich wünsche dir viel Glück, dass die andere Gruppe besser für dich läuft und du die restliche Zeit in dieser Gruppe noch gut überstehst.

    Bye Kampfkeks

    P.S.: Ich kann auch nicht besonders gut in einer Fremdsprache frei sprechen. Blockiert es leider total bei mir. Auch, wenn ich sie relativ problemlos lesen und schreiben kann. Ich glaube, dass muss nicht unbedingt bedeuten, dass du den Anschluss verloren hast.
    Nur Mut! Das wird auch wieder besser!

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  6. Oh je, das klingt ja alles nicht so positiv... ich war ja schon genervt, als uns in der Uni ein Iraner (?) was über Hexadezimalzahlen und Binärcode ("hssadessmals nt bnricot") erzählen wollte und sich einschließlich der Muttersprachler alle fragten, welche Sprache das eigentlich gerade sein sollte, aber wenn ich mir vorstelle, von ihm auch Englisch hätte lernen zu sollen... (Meine Cousine hat auch so eine Englischlehrerin, die eigentlich kein Englisch kann.) Meine letzte Spanischlehrerin (aus Uruguay) hat mir auch den Spaß am lernen versaut weil sie u.a. auch falsch übersetzt hat oder, wenn man sie nach einer Vokabel fragte, im Wörterbuch nachsah um dann zu sagen: "Nein, nein, das ist ja vollkommen falsch. Das kann man wegschmeißen, da ist alles falsch!" als hätten sich die Autoren nichts dabei gedacht...
    Insofern kann ich deinen Frust gut nachvollziehen (auch wenn ich glücklicherweise nicht in Spanien leben muss ;), England reicht mir aus anderen Gründen schon) und finde es durchaus richtig, dass du dich beschwert hast. Wie sollst du es denn lernen, wenn der Lehrer dir falsche Wörter beibringt?

    Akzente finde ich übrigens je nach Ausprägung auch nicht so schlimm, aber für einen Sprachlehrer wäre es vielleicht schon vor Vorteil, es den Leuten wenigstens so demonstrieren zu können, wie es eigentlich klingen sollte, sonst kann man es ja schlecht lernen. Ich denke aber auch, dass viele Leute sich sprachlich selbst etwas mit Perfektionismus blockieren, aus welchen Gründen auch immer, denn oftmal sind sie ja gar nicht so schlecht wie sie glauben. Natürlich ist es für andere einfacher, korrekte, akzentfreie Sprache zu verstehen, aber im Vergleich dazu gar nichts zu verstehen weil es eine andere Sprache ist... zumal glaube ich (zumindest im alltäglichen Leben, bei offiziellen Sachen mag das anders sein) viele Muttersprachler Sprachneulingen gegenüber eigentlich sehr wohlwollend gestimmt sind und es honorieren, dass sich jemand überhaupt die Mühe macht und es versucht. Trotzdem weiß ich natürlich auch aus eigener Erfahrung, dass es nicht immer einfach ist, sich zu überwinden bzw. das abzulegen. Im Übrigen denke ich nicht, dass es deine Schuld ist, dass du mit der Unterrichtsweise nicht klar kommst (und was haben Vokabelprobleme o.ä. mit Gruppenintegration zu tun?) - es gibt eben unterschiedliche Lerntypen und manche machen eben vielleicht lieber viele Fehler und probieren es, während es anderen mehr hilft, zu schweigen und irgendwann zu verstehen und es zu können. (Sagte das Kind, das erst krabbelte, als es laufen konnte. ^^)

    Ich wünsch dir jedenfalls viel Kraft, Erfolg und Glück. Auf dass der nächste Lehrer besser ist und dein Mann dir auch weiterhin ein bisschen unter die Arme greifen kann. (Überhaupt, wenn ich hier immer lese, was du so alles wuppst in Schweden mit verschiedensprachigen Büchern und allem, das würde ich sicher nicht so gut hinkriegen, also Hut ab!)

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