Dienstag, 19. Oktober 2010

24. - 26.9. // Days off. Welcome to Gothenburg.




Kommen wir nun also zum interessanten Teil. ^^

Wie schon erwähnt, es lag eine anstrengende Nacht hinter uns. Mein Gepäck, inklusive der Karten und Bücher, war über Nacht draußen etwas eingeweicht worden, aber ich habe dem Schweden in puncto Platz im Zelt dann doch mal den Vorrang gelassen. :D
Der Tag begann dann mit einem idyllischen Frühstück auf dem Bootssteg. So gegen ... äh ... 2 Uhr nachmittags glaube ich. ^^



Ich muss meine Worte mit Bedacht wählen, Herr H. freut sich nämlich jeden Tag auf einen neuen Eintrag. Wie sag ich das nur? Nun - hatte ich erwähnt, dass mir wahrscheinlich noch nie so ein toller Kerl begegnet ist? *sabber* (Ja, glaub mir das ruhig! :-* )




Ich bin eigentlich ganz locker an diese Geschichte rangegangen, trotz meiner eigenen emotionalen Vorgeschichte in Bezug auf ihn. Er hat mir nie irgendwelche Hoffnungen gemacht oder so und ich war seit 1,5 Jahren damit beschäftigt Gefühle zu unterdrücken. Also nahm ich diese Nacht als schön, aber unverbindlich hin. Absolut keine Gefahr für mein Herzchen. Hatte auch eigentlich damit gerechnet am nächsten Morgen meine Tour fortzusetzen. Er meinte allerdings, wenn ich noch Zeit hätte, ob ich vielleicht Lust hätte noch zu bleiben? Ja mei, warum nicht? Also blieb ich. Bis Sonntag Nachmittag. Das waren 2 Tage zuviel. Denn mit dem, was dann kam, hatte ich ehrlich nicht gerechnet.
Ich hatte ihn mir immer etwas anders vorgestellt. Aber das, was ich in diesen 3 Tagen kennenlernte, hat mich echt umgehauen. Dafür gibt es keine Worte. (Hab Herrn H. versprochen neue zu erfinden, bin da aber aufgrund chronischer Matschhirnigkeit und akuten Zeitmagels durch Dauerchatterei mit Schweden noch nicht weitergekommen.) Hab zum ersten Mal Sushi gegessen (durchaus wiederholbar!), ich wurde zum ersten Mal bekocht (Mädels, ihr habt was verpasst!), zum ersten Mal, zum ersten Mal...

Als ich Sonntag aufwachte, hatte ich schon dieses riesige Loch im Bauch. Ein schwarzes Loch, das alles um sich herum aufsaugt und dich von innen her auffrisst. Ein Gefühl zwischen Schmerz und - absoluter Gefühllosigkeit. Wir lagen nebeneinander, er in meinen Armen, und ich konnte nicht aufhören zu heulen. Ich wollte ihn nicht wecken und auch irgendwie einen Weg aus diesem Zustand heraus finden, also stand ich auf und widmete mich meiner Urlaubslektüre. Krampfhaft. Aber er wollte "keine Zeit mit schlafen verschwenden", solange ich da war. Sagte ich schon, dass er ein wahnsinnig lieber und warmherziger Mensch ist? Mit dem gleichen Zynismus und einer ähnlichen Verbittertheit wie ich. Aber der Tag war nicht mehr zu retten. Ich konnte nichts essen, mir war fürchterlich schlecht. Die Abreisevorbereitungen verliefen nahezu wortlos, weil ich nur mit viel Mühe meine Tränen zurückhalten konnte. Er hatte mir keine falschen Hoffnungen gemacht, er war froh gerade wieder auf dem Weg in die Freiheit und Selbstbestimmtheit zu sein, da wollte ich mich nicht wie ein liebeskrankes Barbiepüppchen aufführen.

Wir waren irgendwo mitten in Göteborg und er brachte mich noch zurück an die Stelle, von der aus ich mich wieder alleine zurechtfand. Ich hatte das Gefühl fast auseinander zu fallen. Meine Hülle war kurz davor zu zerbrechen. Ein Kuss, Machs gut, sein irgendwie trauriges Lächeln, er rechts, ich links lang. Hab versucht nicht den Verstand zu verlieren. Zusammenreißen. Fahren. Radweg. Fahren. Fahren.

Ich hatte vor einigen Jahren mal eine sehr schlimme Zeit. War wegen Depressionen in Behandlung und hatte lange damit zu kämpfen. Auch heute noch schlummert das in mir, bereit jederzeit wieder auszubrechen.
An diesem Tag kamen die Gefühle von damals wieder hoch in mir. Die Taubheit, das Gefühl innerlich zu zerreißen, als würdem einem die Innereien rausgerissen. Ich hatte diese ganze Geschichte kolossal unterschätzt. Ich hatte wirklich gedacht es würde mir nichts ausmachen. Ich hätte nie gedacht, dass er SO ist.
Ich fuhr eine Stunde ohne zu denken, ohne auf die Karte oder die Straße zu kucken, einfach denselben Weg wieder zurück, den ich gekommen war. Tränenblind. Schneller, immer schneller, um davonzufahren vor dieser Hölle, die hinter mir wartete. Ich wusste nicht mehr wohin mit mir. Innerlich ist alles abgestürzt. Der Urlaub machte keinen Sinn mehr, wer zur Hölle steht schon auf Schweden? Alles war mit einem Mal feindlich, grau, verschlossen. Ich war aus den falschen Gründen hierher gekommen und hatte es nicht gemerkt. Ich hatte mich selbst verarscht. Ich rief einen guten Freund an, aber helfen konnte der mir in dieser Situation natürlich nicht. Da konnte mir niemand helfen. Jeder Sinn war vergangen.
Ich brauchte etwas zum Schlafen, wollte mich nur noch verkriechen, nie wieder aufstehen müssen. Ich bin ins Bodenlose gefallen. Der Zeltplatz in Åsa: geschlossen. Varberg: viel zu weit weg. Habe die Nacht dann letztendlich in einem Vandrarhem verbracht, das mich noch mehr frustriert hat. Muffig und eng. Ich hatte tierische Kopfschmerzen und Hunger. Bin nochmal 10km gefahren, um einzukaufen. Nur Schokolade und anderes ekliges Zeug, ich wusste mir nicht anders zu helfen. Und ich hatte ja sowieso das Gefühl alles wieder rauskotzen zu müssen. Den Gefallen tat mir mein Magen dann aber doch nicht. Ich schlief nach ner Dosis Ibuprofen in einem knarzenden Hochbett, vergraben in meinem Schlafsack (die Decken dort waren viel zu dünn), inmitten von Keksen und Schoki. Gnädiger Schlaf. Habe vorher noch den Rest meines Urlaubsromans verschlungen, der natürlich - wie konnte es auch anders sein - in Göteborg spielt. Noch mehr Übelkeit.
Aber es wurde langsam besser. Ich habe mich noch bei ihm für die 3 schönen Tage bedankt, ganz aufrichtig, denn das waren sie ja wirklich. Für seine Worte hatte ich an dem Tag keinen Platz mehr in meinem Kopf; er hofft mich so bald wie möglich in Kassel besuchen zu können. Bitte? Genug leeres Gerede, ich bin müde.

Tageskilometer: 53
insgesamt: 572
Zeit auf dem Rad: 2:33
Ø 19,2km/h (!)


3 Kommentare:

  1. Jaja, man fährt hin, landet irgendwie in seinen Armen...verabredet sich für das nächste mal...und man landet wieder in den Armen... und das geht immer so weiter :(

    ..ich hoffe trotzdem auf ein happy end >.<

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  2. Das tue ich auch :) (Und da sind wir schon zu dritt.)

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  3. Meine Güte, du Arme. Wie gesagt ich drücke euch die Daumen. Herrn H. dafür, dass er aufwacht oder es hoffentlich schon ist(?) und dir, dass er dein krankes Herz zu heilen weiß und dir gut tut!
    Aber so schlimm wie es war (du klingst recht positiv im Moment), denke ich, dass ein Mensch nur innerlich wachsen kann wenn es ihm wirklich schlecht geht. Ich wünsche das keinem, aber wenn man zufrieden ist, oder scheinbar glücklich, ändert man sein Leben nicht, man verlernt auf sich zu hören. Schmerz ist wichtig denn er besinnt einem wieder auf sich selbst, darauf zu achten, das es einem selbst gut geht und sachen ganz für sich alleine zu tun.
    Ich denke du hast schon sehr daraus gelernt, deine Reise nach Schweden war, wenn auch unterbewusst, ein Grund Herrn H. zu besuchen und nicht 2 Wochen mit dir selbst beschäftigt zu sein. Genug des psycho bla blas.
    Liebesgeschichten ohne Herzschmerz sind langweilig, im Nachhinein ist es so dann doch viel romantischer. ^^
    Verlier dich und dein Wohlbefinden nur nicht aus dem Blick, wir Frauen neigen ja gerne zur konsequenten Selbstzerstörung... -.-
    Wünsche euch alles alles Gute und ich reihe mich als Nummer 4 der Hoffenden ein ^^

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