Dienstag, 12. Oktober 2010

20.9. // Regentag


Morgens hatte ich nun - im Hellen - endlich Gelegenheit mein erstes Nachtlager mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ganz unerwartet hatte ich dann tatsächlich noch ein wirklich tolles Nachtlager gefunden.


Eine kleine Wiese, zwischen Acker und Straße, von Bäumen umstanden, also blickdicht. Morgens waren es angenehme 9°C und ich hopste halb entkleidet ein bisschen durchs Gras und widmete mich der Körperpflege. Wasserflasche, Waschlappen, Seife, mehr braucht es nicht. Danach ordentlich Frühstück. Ich hatte tatsächlich 11 Stunden geschlafen und das war auch nötig nach diesem ersten Tag.



Ich hab mich zum ersten Mal in meinem Leben getraut einen Gaskocher anzumachen. :D Ich bin ja sonst selten weicheiig, aber Bunsenbrenner, Gaskocher & Co. hatte ich bis dato nie angerührt. Aber nun ging es ja nicht anders - Mutti brauchte Kaffee!
Die erste Nacht hab ich wirklich geschlafen wie tot. Ich war viel zu müde, um mir Gedanken über meine Sicherheit zu machen. Ich meine, man ist ja schon ausgeliefert, wenn man irgendwo mitten in der Gegend rumliegt. Außer meiner Kamera und ein bisschen Geld hatte ich keine Wertgegenstände mit. Und die Kamera hab ich jeden Abend an mir festgeschnallt und mit dem Kopf auf ihr geschlafen. ;) Das war auch soweit ich mich erinnere die einzige Nacht, in der ich so "offen" geschlafen hab. Ansonsten hab ich mein Zelt immer irgendwo im Wald aufgeschlagen.


Nach einem äußerst reichhaltigen Frühstück brachte ich auch meine Streckenplanung für diesen Tag zu Ende. Ich wollte mich an die Route Nr. 7 aus dem Buch halten, nach Helsingborg., und dann weiter Richtung Båstad. Mitten im Aufbruch begann es zu regnen. Und es sollte an diesem Tag auch nicht mehr wirklich aufhören...


Muskelkater hatte ich keinen (auch sonst auf dem ganzen Rest der Tour erstaunlicherweise nicht), nur mein Hintern tat natürlich etwas weh. Zuerst fuhr ich mal wieder ne überflüssige Runde durch die Äcker, bis ich endlich auf die beschriebene Route traf.


Skåne. Überwiegend Ackerland. Das bringt Dünger mit sich. Viel Dünger. Dünger überall. Skåne stinkt. Wirklich! Diesem Gestank entkommt man nicht. Aber dieser graue, verhangene Tag brachte noch etwas anderes mit sich. Es roch nach Herbst. Geruchserinnerungen sind so schwer zu fassen. Gerüche kann man nicht beschreiben. Man riecht etwas und es erinnert einen an Dinge, die zig Jahre zurückliegen. So ging es mir an diesem Tag, als ich durch die dunstige, morgendliche Ackerlandschaft radelte. Ich erinnerte mich an einen Tag, an dem ich mit meinem Opa und meinen Geschwistern im Wald war. Mein Opa wollte Feuerholz machen. Wir spielten im Wald, ich meine mich sogar an eine windschiefe, verfallene Hütte zu erinnern. Und es war kalt, und unangenehm feucht. Nach getaner Arbeit machte mein Opa ein kleines Feuer, wir bekamen grobe Säcke, um uns ein bisschen zu wärmen, und dann brieten wir Würstchen an Stöcken über dem Feuer. An all das erinnerte ich mich auf einmal an diesem Morgen. Verrückt.

Von da an gings eigentlich recht geradlinig voran. Und da ich größtenteils an der Küste entlanggefahren bin, hatte ich auch nicht mit dem Auf und Ab durch die Ackerlandschaft zu kämpfen. Dafür regnete es praktisch ununterbrochen.

Landskrona


Die Regenjacke ist ihr Geld wirklich wert, da kam nichts durch, aber für ne vernünftige wasserdichte und atmungsaktive Hose hat es nicht mehr gereicht. Auch meine Schuhe waren sofort durch. Und so schaffte ich dann nicht die Strecke, die ich mir vorgenommen hatte (obwohl meine Einschätzung da in den ersten Tagen auch noch nicht so toll war), sondern entschied mich für ne warme Dusche auf dem Campingplatz in Helsingborg, im Stadtteil Råå, direkt am Meer. RICHTIGE ENTSCHEIDUNG!



Ich war komplett durchnässt und muss völlig fertig ausgesehen haben, als ich da in die Anmeldung rein bin. Nettes Mädel hinter der Rezeption. "Ah hallo! Ja, wie viele seid ihr denn? Ach, nur du!?" Irritierter Blick. "Mit dem Auto?" "Nein, mit dem Rad." "Mit dem Rad??" Noch mehr irritierte Blicke. "Und nem Zelt?" "Japp." - Stille - "Ist es da nicht kalt nachts??" "Öhm... nö, nicht unbedingt." "Okaaay... und fürchtest du dich da nicht, wenns dunkel wird?" *grinsel* Diesen Dialog führte ich in den folgenden Tagen noch öfter. ^^
Auf diesem Campingplatz war außer mir noch ein anderer Kerl mit einem 1-Mann-Zelt, die anderen Male war ich immer die Einzige. (Gott sei Dank hab ich mir dieses andere Zelt nicht gekauft (von Wolfskin, ich hatte es in der engeren Auswahl), das war noch winziger als meins, dagegen ist meins ne VILLA!!) 150 SEK hat die Nacht gekostet, 140 die Campingkarte, die man auf jedem Zeltplatz braucht.


Das Duschen war göttlich. War zwar alles schon ein bisschen schmuddelig, aber es gab keine Zeitbegrenzung und wie gesagt, ich hatte die ganze Sanitäranlage für mich alleine. ;) Konnte meinen halbleeren Handyakku aufladen. Danach gabs noch Nudeln vom Gaskocher, die ich vor lauter Müdigkeit kaum noch aufessen konnte. Und dann bin ich auch schon begleitet vom Meeresrauschen eingeschlafen.


Tageskilometer: 76
insgesamt: 201
Zeit auf dem Rad: 5:13


4 Kommentare:

  1. Ah, Helsingborg! Hast du rübergeguckt nach Dänemark und das Schloß Kronborg gesehen? Da hab ich mal gestanden und Schweden aus der Ferne begutachtet. Hat auch geregnet ;)

    Ich verfolge deinen Reisebericht ganz gespannt. Freu mich, dass du das so ausführlich machst :)

    AntwortenLöschen
  2. An dem Tag war nicht viel mit rüberkucken. ^^ Die Insel Ven hab ich gesehen, ansonsten wars viel zu diesig.

    Freut mich, dass anscheinend doch einige mitlesen. Weiß ja nun auch nicht immer, was für andere noch interessant oder schon langweilig ist, rein objektiv ist ja nicht allzuviel passiert. ;)

    AntwortenLöschen
  3. Ach, übrigens: Gestern ist deine Karte angekommen. Das ist so lieb, da hab ich mich wirklich total gefreut, viiiiielen Dank! :D

    AntwortenLöschen
  4. Ach du scheiße, hat die lange gebraucht! o.O

    AntwortenLöschen