Es ist Oktober.
Herr H. hatte Fieber und musste seine Arbeit absagen.
Am nächsten Tag ging meine Fähre zurück nach Deutschland.
Und das war gut so. Ich hatte die Schnauze voll vom draußen pennen, jeden Abend um einen Schlafplatz zu kämpfen und am nächsten Morgen völlig erledigt und mit Rückenschmerzen aufzuwachen. (Jede Nacht 10 Stunden Schlaf auf nackter Erde killen auch den robustesten Rücken, die Isomatte polstert nicht.) Andererseits waren es unbeschreiblich schöne Tage. Ich hatte so viel gesehen, gerochen, gehört. Gelernt. Gefunden. Ich fühlte mich zu Hause, ich mochte nicht aus Schweden weg. Ein Gefühlszwiespalt. Und es sah wohl so aus, als würde ich nicht nur ein kleines Souvenir mit nach Hause nehmen. Was hätte ich dafür gegeben jeden Morgen neben diesem Lächeln aufwachen zu können.
Wenigstens war ich an diesem Morgen besser drauf. Hopste mit meinem Musikplayer durchs Gebüsch, improvisierte Choreographien zu Robyn, Editors und Kent. Ich wollte aber schnellstmöglich zurück aufs Rad, nicht noch mal den gleichen Fehler wie am Tag davor machen.
Bis Trelleborg gab es keinen verfügbaren Zeltplatz mehr für mich. Ich versuchte mich innerlich mit einem Vandrarhem zu arrangieren. Ich musste vor der Überfahrt auf jeden Fall duschen, ich stank wie ein Iltis. Es ist auf jeden Fall ein Vorteil des Alleinreisens, dass niemand sonst deinen Geruch oder den deiner Schuhe nachts im Zelt ertragen muss. ;)
Ich orientierte mich in Richtung Kåseberga, dort befindet sich die größte "Schiffssetzung" Schwedens: Ales Stenar. Schon nach 2 Stunden und nur 22km war ich wieder am Ende. Es war kalt, der Himmel verhangen. Mein sehnlichster Gedanke galt einem weichen Bett mit vielen warmen Decken und Kissen und der Möglichkeit auszuschlafen.
Aber ich schaffte es bis in den kleinen Ort. Die oval angeordneten Steine hoch oben auf der Klippe sind schon imposant. Aber obwohl es Oktober war und der ganze Touristenverkehr schon eingemottet wurde, waren dort immer noch viel zu viele Menschen für meinen Geschmack. Nicht auszudenken wie es dort im Sommer zugehen muss. Nein, meine bevorzugte Reisejahreszeit ist und bleibt der Herbst.
Ich wollte bis nach Ystad kommen und mir dann halt ein Vandrarhem suchen, nützte ja alles nichts. Irgendwas mit Dusche und Steckdose. Mein Hintern war wund von zu viel Rad und zu wenig Hygiene. Kurz vor Ystad folgte ich aber einem Schild, das mir ein günstiges Zimmer versprach. Nach 3km erreichte ich den Fredriksbergs Kursgård, ein obskures.. ja, was eigentlich? Landhotel, Campinggelände, dahinter dezent muffige Sommerbungalows. Mir war alles egal. Ich weiß gar nicht mehr, was ich dafür gezahlt habe, es war jedenfalls viel. Dafür hatte ich aber ein Häuschen für mich alleine - und ich konnte duschen!! Ich entledigte mich quasi sofort meiner müffelnden Kleidung und stellte mich ne halbe Stunde unters heiße Wasser. Herrlich. Danach wurden alle Klamotten von Hand durchgewaschen. Den Rest des Abends verbrachte ich mit Essen kochen und in Unterwäsche durchs Zimmer zu hüpfen. Ein unbeschreibliches Gefühl endlich diese stinkende Hülle los zu sein, die Zivilisation hatte mich wieder.
Tageskilometer: 79
insgesamt: 1045
Zeit auf dem Rad: 4:50
Ø 16,4 km/h
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