Sonntag, 28. November 2010

trilingual babies

Ich werde mich zwar bemühen die restlichen Blogeinträge meiner Tour so schnell wie möglich einzustellen, aber ich nehm es jetzt einfach mal vorweg: Herr H. und Frollein P. haben sich gefunden. :)
Nach 1,5 Jahren Verknalltsein in den Herrn, 1100 km auf dem Rad, hunderten SMS - wir sind zusammen. Der Urlaub hat nicht unerheblich dazu beigetragen. Mittlerweile hat er mich auch schon ein Mal besucht und irgendwie scheint es trotz 900 km und der Tatsache, dass wir beide mehrere Jobs und jeder ne Katze haben, völlig unkompliziert zu funktionieren. Und damit nicht genug: ich höre jetzt offiziell auf nach dem Mann meines Lebens zu suchen. Ich hab ihn nämlich gefunden. Unsere Kinder werden dreisprachig erzogen, da sind wir uns wie mit 99% aller anderen Dinge einig.

Ladies, I got the jackpot. Hätte nicht gedacht, dass es das wirklich gibt.

Herr H. + Frollein P. @ Kassel Straßenbahn



Jetzt muss ich bis zum nächsten Besuch nur noch 8 Tage warten auf den Mann, für dessen Beschreibung neue Worte gefunden werden müssen.

29.9. // Eisfotos


Schon um 7 Uhr gings los, raus aus den Federn. Es war wieder IRRSINNIG kalt. Noch dazu hab ich in der Nacht meine Tage bekommen. Einfach grandios.

Am Morgen lag Nebel über dem See, einfach faszinierend. Musste noch eine kleine Fototour machen.


Kaffee kochen war aufgrund der Kälte nicht drin. Dann gings los, zum ersten Mal mit dicken Handschuhen. Trotzdem habe ich mir die ersten zwei Stunden fast die Extremitäten abgefroren. Mein Plan war so schnell wie möglich ins nächste Café zu kommen, um mich mit einer ordentlichen Koffeininfusion auf die richtige Spur zu bringen. Aber natürlich gabs dort im gesamten Umkreis nichts dergleichen. Musste dafür bis nach Örkelljunga fahren, 30km. Dort wollte ichs mir dann gut gehen lassen mit anbetungswürdigem Kaffee und Kuchen, aber mit meiner Hand war es fast unmöglich unfallfrei zu essen. Immerhin war es inzwischen warm genug.


Auf dem Weg dahin habe ich bei eisigen Temperaturen eine reifbedeckte Wiese fotografiert. Dieser Anblick hat mich die Kälte völlig vergessen lassen. Ich will ja nicht kitschig klingen, aber die Natur bringt einfach absolute Perfektion und Schönheit hervor.


Ich hatte an diesem Tag in etwa Höör angepeilt, dort gab es laut Campingführer einen ganzjährig offenen Zeltplatz. Ich musste unbedingt Akku laden. Von dort aus weiter Richtung Kristianstad, Ystad, Åhus. So der Plan.


Nach Kaffee und Routenplanung entschied ich mich ein weiteres Steingrab bei Munka-Ljungby zu besichtigen und dann gemütlich weiterzufahren.


Danach war es etwa 3 und auf einmal fand ich die Vorstellung recht verlockend, mal ohne Stress Zelt aufzubauen, zu duschen und im Hellen zu kochen. Also los zum nächsten Zeltplatz in Klippan, ich musste ja jetzt keine Strecke mehr schaffen. Der war natürlich schon zu, aber ich musste da eh dran vorbei. Der nächste: in Ljungbyhed. Ich hab ewig gesucht, am Ende war das ein winziger Platz mit unbesetzter Rezeption und anscheinend nur für Wohnwagen. Nun wurde es schon wieder kritisch mit der Zeit, etwas, das ich an diesem Tag eigentlich vermeiden wollte. Eine Alternative hatte ich noch, in Röstånga. Kam völlig fertig um 7 dort an. Rezeptionszeiten: 8:00 bis 10:00??? Na super. Es hing aber ein Zettel an der Tür, wen man außerhalb der Öffnungszeiten käme, solle man sich einfach auf den Platz stellen und dann am nächsten Tag einchecken. Ich war total am Ende und hab es einfach gut sein lassen. Auch hier war ich wieder die einzige mit Zelt.
Die Duschen dort waren alle abgeschlossen, den Schlüssel hätte man wohl beim Einchecken bekommen, also wurde das mit der Körperpflege wieder nichts. Ich machte ein bisschen Katzenwäsche im Waschbecken auf der Toilette, das Handy hing an einer Steckdose in der Gemeinschaftsküche. Immerhin. Gekocht wurde wieder im Dunkeln. Es gab eine Pilzpfanne zum Abendbrot, selbstgesammelt auf gut 100km in Skåne. Superlecker! Nur Pilze, mit Zwiebeln in Butter angebraten, ein bisschen Sahne, dazu Brot. Was braucht es mehr. Am nächsten Morgen wollte ich mal ausschlafen.

Mit Herrn H. war ich mittlerweile an dem Punkt angelangt: "Ja, ich mag dich ja auch total - aber wie zur Hölle sollte das funktionieren??" Gute Frage. Aber schon diese wenigen Äußerungen haben es geschafft Stromstöße durch meinen Körper zu jagen.

Tageskilometer: 112
insgesamt: 871

Zeit auf dem Rad: 6:40

Ø 16,8 km/h


Mittwoch, 3. November 2010

28.9. // Spiegelsee


Okay, eingemacht hatte ich mir in dieser Nacht nicht. Aber ich hab gefroren wie verrückt. Das Thermometer war mir kaputt gegangen, aber verglichen mit der nächsten Nacht (hatte mir dann ein neues gekauft), dürfte das locker Bodenfrost gewesen sein. Ich hatte ALLES an Klamotten an, was ich mithatte, inklusive sämtlicher dreckiger Socken, die Kapuzen aller Oberteile und Jacken über den Kopf gezogen, Mütze und Handschuhe, Hände zwischen den Knien, den Kopf im Schlafsack. Hab mit der Atemluft versucht den Schlafsack aufzuwärmen. Da überlegt man sich wirklich sehr genau, ob man mitten in der Nacht pinkeln geht. Ich hab mich dagegen entschieden. Lieber Schmerz als Kälte.

mein Schlafplatz *brrr*


Bin recht früh aufgestanden, um schnell wieder in den Sattel zu kommen und warm zu werden. Als ich mit eiskalten Fingern meine Sachen zusammenpackte, kam ein Reh aus dem Wald, erschreckte sich wie verrückt und rannte panisch ins Unterholz zurück, was mich wiederum fürchterlich erschreckte. Hach, und Eichhörnchen turnten um mich rum! In meinem nächsten Leben will ich ein Eichhörnchen sein. :) Die sind ja so toll. Der buschige Schwanz genauso lang wie der Körper, und diese weichen, wellenartigen Bewegungen, wenn sie rennen! Hab diese hübschen Tiere noch nie von so Nahem gesehen.


Unten auf der Straße schien die Sonne durch die Bäume. Ich hatte viel vor.
Ich war nur etwa einen Kilometer von Ullared entfernt gewesen, dort hätte ich vielleicht sogar auf dem Zeltplatz schlafen können. Ich hab nicht nachgesehen, ob er offen hatte, diese Frustration wollte ich mir ersparen. Damned.


Ich fuhr viel auf Waldwegen an diesem Tag. Meine erste Frühstückspause verbrachte ich auf einer kleinen Brücke über einem Bach, zwar in der Sonne, aber es war immer noch schweinekalt. Es gab Brötchen ("Polarkraft", ich liebe es ^^ ), Köttbullar, Rote-Bete-Salat (die haben aber auch tollen Kram, diese Schweden *seufz*).

Kurz vor Torup eine Premiere: Övregård, mein erstes Gräberfeld! ^^


Es entstand in der Eisenzeit und ist eines der größten in ganz Halland.

Gegen 13 Uhr hatte ich endlich Torup, den nächstgrößeren Ort mit nem Café, erreicht. Dieser Koffeinkick war göttlich. Zum Kaffeekochen war es an dem Morgen nämlich viel zu kalt gewesen. Hatte ich übrigens schon erwähnt, dass ich seit dem 4. Tag meiner Tour Lähmungserscheinungen in der rechten Hand habe? Ich habe kein Gefühl mehr in den Fingerspitzen von Ring- und kleinem Finger, fühlt sich an wie eingeschlafen. Und auch die Koordination der kompletten Hand haut irgendwie nicht mehr richtig hin. Reißverschluss schließen, Feuerzeug anmachen, Schrauben anziehen, SMS schreiben - das hab ich dann alles mit der linken Hand gemacht. Es ist zwar besser geworden mittlerweile, aber immer noch nicht weg. Nennt sich "Radfahrerlähmung" und kommt durch die Handhaltung am Lenker. Soll angeblich von allein wieder weggehen, aber mittlerweile hab ich das ja schon mehr als nen Monat. Is halt schlecht, wenn man im Handwerk arbeitet. Hm.
Jedenfalls verhinderten Kälte und rechte Hand das Kaffeekochen auf dem Gaskocher. Umso befriedigender war diese Kaffeepause dort. Obwohl es ein Akt war die Tasse kleckerfrei zum Mund zu bekommen.

Die einzigartige Stille im Hallander Inland gab mir viel Zeit zum Nachdenken über meine Gefühlssituation und die 3 Tage im Paradies. Jaja kitschig, ich weiß. Ich hatte ja vorher etwas Angst, dieses ganze Englisch und so. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mich viel über Sprache definiere. Über die Art, wie ich rede und was ich sage. Ich hatte Angst, dass das alles in der Übersetzung verloren gehen würde. Aber entgegen meiner Erwartungen habe ich es geschafft das zu übertragen. Nach dem ersten Tag war es völlig okay, dass schon der erste Satz morgens englisch war. Es waren wunderbare dreisprachige Tage.

Ich hatte an diesem Tag mit nem halben Auge auf Knäred geschielt. Draußen schien die Sonne. Oh lovely Sweden, you got me. Also weiter.

Ich kam bei Mästocka durch eine einzigartige, geschützte Heidelandschaft, Heidekraut und Ginster. Nur Minuten später ein wunderschöner See in stiller Nachmittagssonne.


Bis Knäred kam ich nicht. Ich hatte eine wirklich ordentlich Strecke zurück gelegt, in Simlångsdalen noch mal eingekauft, und war in direktem Anflug auf Knäred und den dort befindlichen Zeltplatz. Aber etwa 2km davor kam ich an einem faszinierenden, spiegelglatten See vorbei, der zwischen Bäumen eingebettet lag.


Ich war so überwältigt, dass ich sofort beschloss dort zu bleiben. Ich schlug mich schnell ins Unterholz und baute mein Zelt auf. Bis es dunkel wurde, lief ich um den See herum und machte Fotos. Dann saß ich noch lange am Ufer, kochte Nudeln auf meinem kleinen Kocher und genoss diese unglaubliche Aussicht.
Es war wieder wahnsinnig kalt. Jetzt hatte ich noch 4 Tage für Skåne, durch Halland war ich ja so gut wie durch. Ich überlegte noch ein bisschen Richtung Osten und dann entlang der Küste zurück zu fahren. Jedenfalls brauchte ich für die nächste Nacht wieder nen Zeltplatz, der Handyakku war so gut wie tot.

Tageskilometer: 119
insgesamt: 749

Zeit auf dem Rad: 7:09

Ø 16,6 km/h